Das Jen Musipack 1.0 für Apple II
Review von Richard Aicher, September 1985
Auf der diesjährigen Frankfurter Musikmesse (1985!!) tauchte ein drittes Apple Musiksystem auf, das Jen Musipack 1.0. Es fällt vor allem durch seinen angenehm niedrigen Preis auf.
Die Hardware ähnelt den beiden zuvor besprochenen Systemen. Auch hier erfolgt die Klangsynthese wieder nach dem Prinzip der additiven Synthese. Genau wie dort auch hier 16 Oszillatoren, 8-stimmig spielbar. Die Software koppelt also ebenso je 2 Oszillatoren zu einer Stimme. Für jede Stimme stehen dann zwei separate und voneinander unabhängige, klangformende Einheiten zur Verfügung. Jeweils 10 Presets kann man aus dem Arbeitsspeicher des Computers direkt abrufen. Die Presets bastelt man sich entsprechend aus diversen erstellten Wellenformen und Hüllkurven zusammen. Gestast, Spectre, Digital 2.1, Digitrack und Grafond heißen die Funktionsblöcke des Hauptprogrammes auf der Diskette 1. Eine weitere Diskette enthält viele Klangpresets.
Mit dem Programm Spectre kann man eigene Klänge mittels additiver Synthese entwerfen und editieren, wobei man hier zusätzlich die Phasenauslenkung (in 45 Grad Schritten) der maximal 24 Harmonischen bestimmen kann.
Man betrachtet die Spektren entweder mittels eines Spektrendiagrammes oder aber tabellarisch auf dem Bildschirm. Genau wie beim Syntauri kann man auch hier mit der Option Grafond die Kurven mittels zweier Gamepaddles direkt auf den Bildschirm zeichnen.
Das Jen Musipack weist sehr gute Modulationsmöglichkeiten auf. Zur Modulation der beiden Oszillatorbänke steht ein Modulationsoszillator zur Verfügung, dessen Kurvenform beliebig wählbar ist. So lassen sich sehr komplexe Modulationen erzeugen. Mit Digital 2.1 kann man drei verschiedene, synthetisierte Kurvenformen auf die zwei Oszillatorensets und den Modulationsoszillator geben, sowie diesen Klang mit zweien unserer ebenfalls auf Disc gespeicherten Hüllkurvenverläufe versehen. Hierzu zeichnet die Software 3 Kästen auf den Bildschirm, die den 2 Oszillatorbänken und dem Modulationsoszillator entsprechen – Anschließend bestimmt man, welche der auf Diskette gespeicherten WeIlenformen man für jede der drei Bänke auswählen möchte. Nach der Eingabe erscheinen die zugehörigen Kurvenformen in den drei Kästen.
So eine bestimmte Kombination von 3 Oszillator-Kurvenformen und 2 Hüllkurvenverläufen ergeben einen Instrumentenklang. Diese Instrumentenklänge heißen Masterpresets. Jeweils 10 davon stehen über die Alphakeys 1 bis 0 der Apple Tastatur momentan abrufbar bereit, So ein Set von 10 Masterpresets heißt Liverpreset.
Zum Recordingsystem wird das Jen Musipack im Digitrack-Aufnahmemodus. 4 getrennte Aufnahmespuren (Tracks) stehen im sogenannten Track Mode zur Verfügung. Pro Spur können wir maximal 1 000 Töne vom Keyboard her einspielen und abspeichern. Im zweiten Mode, dem Mono Mode, merkt sich die Software nur eine Spur, dafür aber mehr Töne, nämlich 4000. Das Jen Musiksystem fungiert nun als Sequenzer. Insgesamt können an jeder Stelle der Komposition gleichzeitig nur 8 Töne klingen. Dies gilt sowohl für den Mono- als auch den Track Mode.
Zunächst wählt man für jede Spur ein passendes Klangpreset, Jeder der 4 Spuren im Track Mode kann man ein anderes der 10 jeweils in einem Liverpreset zusammengefassten Masterpresets zuweisen. Dann gibt man an, welchen Track man aufnehmen will. Dann wird die Leertaste gedrückt und losgespielt. Ist man fertig, stoppt ein Druck auf die Leertaste die Aufnahme. Entsprechend nimmt man die restlichen 3 Spuren auf, wobei man die jeweils schon eingespielten Spuren im Lautsprecher hört, also völlig synchron dazu-spielen kann. Hat man sich einmal verspielt, heißt es leider die betreffende Spur noch einmal von vorne aufnehmen. Nachträglich lassen sich einzelne Töne leider nicht editieren. Schade!
In Kürze soll neue Software und eine Einplatinenversion der jetzt auf 2 Platinen untergebrachten 16 DCO‘s erscheinen. Auch ist für den Herbst ein Sampling Programm für Naturklänge geplant, das unter 1.000,— DM kosten soll. Da Software sehr schnell an Aktualität verliert, bietet die Vertriebsfirma einen Update Service für ihre Kunden an. Das heißt, die alte Software wird, sobald neue erscheint, kostenlos ausgetauscht.
Das Jen Musipack 1 .0 bietet einige sehr interessante Features und einen sehr günstigen Preis, es kostet DM 2.598,-, natürlich ohne erforderlichen Rechner.
Richard Aicher, September 1985