KORG DW-8000

KORG DW-8000

Review von Richard Aicher – Oktober 1985

Auf der NAMM-Show wurde er vorgestellt – Anfang Oktober soll er schon in den Shops sein. Korg hat dem DW-6000 einen großen Bruder, den DW-8000, geschenkt. Neu ist einiges, u.a. die Tatsache, dass man mit ihm große Keyboard-Konfigurationen direkt über die 16 Send Channels steuern kann. Doch gehen wir der Reihe nach vor.

Der DW-8000 ist achtstimmig polyphon und arbeitet im Gegensatz zum Vorgänger anschlagsdynamisch. 16 Oszillatoren erzeugen Grundsounds nach dem auch schon beim DW-6000 erprobten System der Digital Waveform Synthese. Das Keyboard: 5 Oktaven, 61 Keys. Der DW-8000 besitzt After Touch, das Oszillatoren, Filter und den LFO (hier MG, Modulation Generator genannt) beeinflussen kann.

Das Digital Waveform Generator System

Jeder Oszillator des DW-8000 liefert 16 verschiedene Kurvenformen. Nicht Sinus, Rechteck oder Dreieck, sondern viel komplexere Schwingungsformen sind hier auf ROM-Chips gespeichert. Sie sind von echten Instrumenten abgeleitet und beinhalten die komplexe Klangstruktur der OriginalSounds, klingen also bereits nach Orgel, Piano, Strings, Digitalsound usw. Beim Spielen werden die Digitalinformationen ausgelesen, in analoge gewandelt und in den Analogteil des DW-8000 weitergeleitet. Hier kann man diesen eigentlich schon relativ fertigen Sounds noch den letzten Schliff geben.

Korg nennt dieses Verfahren DWGS oder Digital Waveform Generator System. Tatsächlich haben wir es hier weder mit Analog-, FM- oder PD-Sounds zu tun, wie man nach dem ersten Antesten auch sehr schnell hört. Die DW-8000 Sounds klingen digital, sehr klar und sauber.

Die Oszillatoren

Die 16 verschiedenen Oszillatorkurvenformen sind als Gedächtnisstütze auf dem Bedienpanel abgebildet. Wer weiß aber schon, wie eine Schwingungsform bestimmten Aussehens klingt? Ich messe deshalb diesen Bildchen nicht mehr Wert bei, als dem einer kleinen graphischen Spielerei. Aus diesem Grund verzichtete man beim DW-8000 im Gegensatz zum Vorgänger wahrscheinlich auch auf die weitere Ausschmückung mit den ebenso nutzlosen Bildchen der Frequenz/Amplitudenspektren.

Beide Oszillator-Banks lassen sich auf die Fußlagen 16‘, 8‘ und 4‘ schaltern, mit regel-barer Amplitude abmischen und jeweils einer der 16 komplexen Schwingungsformen versehen. Oszillator-Bank 2 lässt sich Unisono oder in Intervallen (kleiner und großer Terz, Quart und Quinte) zur Bank 1 stimmen. Zur Synthese lebendiger Schwebungssounds kann man die beiden Banks auch im Bereich von maximal 50 Cents leicht „detunen“. Ein Noise-Generator mit regelbarem Level unterstützt die Synthese echt klingender Anblassounds oder Percussion.

Die Realtime Performance Sektion

Zu den nicht abspeicherbaren Performance-Reglern zählen Master Volume, Master Tune, Arpeggiator Switches und die Key Assign Switches (Bild 3). Die beiden Schieberegler ganz links am Panel oberhalb des Joysticks sind für Gesamtvolumen und Master Tune zuständig. Ihre Funktion ist klar. Das Tuning arbeitet im Bereich eines Halbtones (+/— 50 cents).

Daneben schließt das Bedienfeld des Arpeggiators an. Die vielgeliebte und mindestens ebenso oft geächtete Spielhilfe für Automatic-Freaks ist wieder da. Die Geschwindigkeit ist per Schieberegler einstellbar. Ein LED direkt über dem Schieberegler steuert den Filter, der andere den DCA. Wie stark die Anschlagsdynamik auf die Envelope Sensitivity wirken soll, kann man in beiden Fällen in sieben Stufen regeln.

dient zur Voranzeige der eingestellten Arpeggiogeschwindigkeit. Die zugehörigen Steuertaster sind ebenfalls mit Signal-LEDs zur Anzeige des jeweiligen Betriebszustandes – On 0ff, Oktave, Latch und Assignable – ausgerüstet.

Der Oktavetaster verfügt zur Anzeige des gewählten Arpeggiobereiches (eine Oktave, zwei Oktaven, Full) sogar über drei LEDs. Das gesamte Arpeggiomuster wird dabei der Reihe nach in die verschiedenen Oktavlagen transponiert. Wählt man Latch an, spielt der DW-8000 das Arpeggio automatisch weiter, auch nachdem man die Finger von den Tasten genommen hat. Normalerweise spielt der Arpeggiator die angeschlagenen Töne unabhängig von der Anschlagsreihenfolge einfach roulierend, also etwa nach dem Muster 1, 2, 3, 4, 3, 2, 1, 2.

Wählt man den Assignable-Modus, spielt er die Töne immer genau in der Reihenfolge des Anschlages.

Der Arpeggiator kann intern und extern (Midi) gesteuert werden. Ein Parameter dient zur Einstellung des richtigen Teilervethältnisses, sowohl für die interne als auch die externe Clock. Die jeweilige Einstellung wird mit ins Voice Memory übernommen. So kann man für den Arpeggiator automatisch für jeden Sound die richtige Clock abspeichern.

Neben dem Arpeggiatorfeld, das Feld mit den vier Key Assign-Tastern: Poly 1, Poly 2, Mono 1 und Mono 2. In den beiden linisoim Modes erhalten alle 16 Oszillatoren beim Anschlagen einer Taste immer dieselben Toninformationen. In diesen beiden Modes verhält sich der DW-8000 wie ein monophoner Synthie. Angebracht für fetten LeadSound.

Die beiden Modes unterscheiden sich in der Art der Envelope-Triggerung. Im Mode 1 triggert jeder Anschlag aufs neue, unabhängig davon, ob noch Tasten gedrückt sind oder nicht. Mode 2 triggert erst, nachdem alle Tasten losgelassen sind, aufs neue. Für die beiden Poly Modes wird das Portamento auf unterschiedliche Weisen den 16 Oszillatoren zugeordnet.

Programmierung und Bank-Hold

Der DW-8000 besitzt 64 frei programmierbare Voice Memories. Die Memories sind in acht Banks mit jeweils 8 Programmen gegliedert. Bis auf die Realtime Performance-Regler werden alle Einstellungen mit in das jeweilige Voice Memory übernommen. Für die Anzeige von Programmnummer, Parameterkennzahl und Parameter-Value sind drei getrennte, zweistellige LED-Displays vorhanden. Programmnummer und Parameter-Nummer leuchten rot, der Parameter-Value grün (Bild 4).

Sämtliche Parameter werden mit zweistelligen Kennzahlen aufgerufen. Der Parameter-Tabelle unter dem Waveformdisplay entnimmt man die Zuordnung von Funktionen und Kennzahlen. Um die kleinen, grauen Zellen nicht über Gebühr anzustrengen, sind die Parameter je nach Funktionsgruppe einer von insgesamt acht Banks zugeordnet: Oszillator 1, Oszillator 2, VCF, VCF-EG, VCA-EG, MG, Digital Delay (ich buchstabiere: D I G I T A L D E L A Y !!) und After Touch. Mit der ersten Ziffer, also der Zehnerstelle. wählt man die Bank, mit der zweiten, der Einerstelle, den jeweiligen Parameter. Die Filterparameter belegen zum Beispiel die Parameterbank 3: Cut 0ff = 31, Resonance = 32, Tracking = 33, Polarity = 34 und EG lntensity.

Zur Programmierung drückt man die Parameter-Taste und befindet sich damit im Edit Mode. Alles weitere wie gehabt. Zunächst wird die Parameterkennzahl auf den acht Zahlentastern eingetippt. Aus einem mir unerfindlichen Grund tippt man in der oberen Zeile die Werte von 5 bis 8 und in die unteren die von 1 bis 4! In den zugehörigen Displays erwscheinen jetzt Parameterkennzahl und der aktuelle Wert.

Letzterer lässt sich auf zwei verschiedene Weisen ändern. Zur schnellen Grobeinstellung in weiteren Bereichen benutzt man zweckmäßigerweise den Value Edit-Schieberegler, zur Feineinstellung, Step By Step, die beiden Up/Down Switches. Sofern es sich nicht um Schalterfunktionen handelt, sind die meisten Parameter in 32 Stufen gequantelt. Die Filterfrequenz kann man sinnvollerweise in 64 Stufen etwas feiner regeln. Dieses System hat man bald im Kopf. Und am Anfang unterstützt die Parameter-Liste die Arbeit.

Der Bank Parameter Hold Switch bringt eine weitere Arbeitserleichterung. Experimentiert man mit Parametereinstellungen innerhalb einer Bank, erspart er die zuständige Neueingabe derselben Banknummer. In diesem Fall drückt man nur einmal den Bank/Hold Switch. Zur Anwahl eines Parameters dieser Bank muß man jetzt nur noch den „Einerwert“ der Parameterkennzahl eintippen. Im Display wird Bank Hold On durch einen Dezimalpunkt zwischen Bank und Parameterkennziffer angezeigt.

Zur Abspeicherung des Sounds auf einem der 64 Voice Memories stellt man den Write Enable Schalter an der Rückseite auf „Write“, dann die Write-Taste am Panel gedrückt, die neue Programmnummer eingetippt, fertig.

Zur Sicherung der Voice-Daten ist der DW-8000 mit einem Tape Memory ausgerüstet. Die Zifferntaster 1 bis 4 dienen im Tape Mode zur Steuerung der Datenaufzeichnung. Eine Verify-Funktion ermöglicht die Überprüfung der aufgezeichneten Daten auf Fehlerfreiheit. Durch Druck auf den Programm-Switch kommt man vom Programm in den Play Mode zurück. Hier dienen die acht Ziffern-Switches zum Aufruf der Voice-Programme.

Envelopes

Wie üblich, bietet Korg auch bei diesem Synthie die gewohnt diffizilen Envelope Einstellmöglichkeiten. Attack, Decay, Sustain und Release sind auch hier obligatorisch. Zur feineren Einstellung des Hüllkurvenbereiches schließt direkt nach dem Dccay ein weiterer Bereich an. Man regelt ihn mit dem sogenannten Breakpoint und der Slope Time. Er bestimmt die Zeit, in der die Lautstärke nach dem Decay auf den Sustain-Pegel abfällt.

Dieser zusätzliche Regelbereich ist nicht bloßer Gag, sondern sehr nützlich für die Synthese echt klingender instrumentensounds. Wir identifizieren unbewußt verschiedene Klänge vor allem durch deren unterschiedlichen Hüllkurvenverlauf. Das Einschwingverhalten, also die ersten Augenblicke des Lautstärkenverlaufs bis zum Sustain Level sind besonders vvichtig. Der DW8000 verfügt über zwei Envelopes, einer steuert den Filter, der andere den DCA. Wie stark die Anschlagscynamik auf die Envelope Sensitivity wirken soll, kann man in beiden Fällen in sieben Stufen regeln.

Filter

Beim Filter handelt es sich um einen Low Pass-Filter mit regelbarer Cut Off-Frequenz (64 Stufen) und Resonance. Letztere lässt sich bis zum Selbstschwingen des Filters hochregeln. Und hier freut man sich dann spätestens über die feinere Auflösung der Cut Off-Frequenz.

Dreistufiges Keyboardtracking (0ff, Half, Full) und normale, sowie inverse Filter-Envelope runden die Möglichkeiten des Filters ab. Der Einfluss der Envelope auf den Filter lässt sich regeln.

LFO, Bend, Auto Send und Portamento

Für Modulationen sorgt ein regelbarer LFO, hier MG genannt. Er produziert vier verschiedene Kurvenformen: Dreieck, aufsteigenden und abfallenden Sägezahn sowie Rechteck. Leider ist die Pulsweite des Rechtecks nicht variabel. Der LFO kann sowohl die Oszillator-Pitch, als auch die Filter-Frequenz modulieren. Der Amount ist wieder in beiden Fällen regelbar. Ein Delay gestattet eine Verzögerung der LFO-Modulation um maximal zirka sechs Sekunden (Delay Time).

Nach alter Korg-Manier sind auch im DW-8000 nicht zwei Wheels, sondern ein zweidimensional wirkender Joystick eingebaut (Bild 5). Nach oben gedrückt, bewirkt er eine LFO-Modulation der beiden Oszillatoren, nach unten moduliert er den Filter. Nach rechts bewegt, „bendet“ er die Oszillatoren in höhere Tonlagen, nach links in tiefere. Der maximale Bendbereich beträgt einen Ganzton. Irre Effekte erzielt man mit Schräg- oder, Kreisbewegungen des Joysticks. In diesem Fall bewirkt er zwei Effekte gleichzeitig.

Neben dem Joystick-Bender gibt es noch einen Auto-Bender. Wie schon der Name sagt, löst er bei jedem Anschlag automatisch eine vorprogrammierbare Bendfunktion aus. Der Auto-Bender wirkt wahlweise auf jeden der beiden Oszi´s. Auch die Bend Time (max. 6 Sek.) und die Bend-Richtung, also von unten oder von oben an den angeschlagenen Ton heran, ist programmierbar. Der maximale Auto Bendbereich von einer Oktave ist in 32 Steps gequantelt.

Nicht zu verwechseln mit dem Auto-Bend ist die polyphone Portamentofunktion des DW-8000. Sie bewirkt ebenfalls ein automatisches Detuning der Oszillatoren. In diesem Fall gleitet aber die Tonhöhe von der des zuvor gespielten Tones an die des zuletzt angeschlagenen heran. Die Portamento Time ist regelbar und beträgt maximal 12 Sekunden.

Digital Delay

Das besondere Bonbon am DW-8000 ist ein integriertes Digital Delay. Es ist vom Feinsten und wartet mit so ziemlich allen Features der Kollegen im eigenen Gehäuse auf. Regel und speicherbar sind Delay Time, Feedback, Modulationsfrequenz und -intensität, sowie das Verhältnis Originalsignal zu Effektanteil. Mit der maximalen Delay Time von 512 msec kann man alle für Keyboarder wichtigen Effekte, vom Raumhall bis zum Echo, vom Phasing bis zum Flanging in allen nur erdenklichen Variationen erzielen. Und das ohne tauschen!

Sämtliche Parameter des DW-8000 lassen sich ohne irgendwelche Umschaltpausen oder Nebengeräusche direkt während des Spielens verändern. Auf diese Weise sind mit dem eingebauten Delay für ein reines Keyboard absolut abartige Effekte und Effektänderungen möglich.

Midifeatures

Midi-Channels sind von 1 bis 16 wählbar. Normalerweise arbeitet der DW-8000 im Poly Mode. Der Omni mode lässt sich zu- bzw. abschalten. Dann gibt es noch den Midi Enable Switch. Je nach seiner Stellung verarbeitet der DW-8000 entweder nur die Midi-Note-lnformationen oder auch andere Midi-lnformationen, bezüglich Modulation, Pitch Bend, Portamento, Pedal und Programmwechsel, sowie System Exclusive Daten.

In und Outs

Zu den Inputs Outputs auf der Rückseite: Zwei getrennte Outs für Left- und Right Signal, einer davon ist zusätzlich der Mono Out (Bild 6). Der Pegel ist in zwei Stufen (high und 10w) schaltbar. Daneben ein Stereo-Headphone-Jack, der Jack für das Volumenpedal und zwei Klinkenbuchsen für Portamento und Programm-UpFootswitch. Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Jacks (Standardklinke 6.3mm), sind die Tape In und Outputs des Tapememories mit 3.5 mm Klinken Jacks bestückt.

Sehr sinnvoll: Ein Empfindlichkeitsschalter, mit dem das Ausgangssignal des Taperecorders der Eingangsempfindlichkeit des DW-8000 angepasst werden kann. Leider nur in zwei Stufen, aber immer noch besser als gar keine Regelmöglichkeit. Daneben ein Tape Enable Switch, der das Tapememory einfach abschaltet. Und, schließlich der obligatorische Write Enable Switch und die drei Midi-Buchsen (In, Out und Thru).

Zusammenfassung

Der DW-8000 füllt die Soundlücke zwischen Analog-, FM- und PD-Sounds sehr gut. Die Sounds im Testgerät waren zwar noch nicht die später serienmäßig mitgelieferten, zeigten jedoch bereits, dass man mit dem Keyboard, nicht zuletzt auch Dank des eingebauten Delays, in ganz neue Sound-Dimensionen vorstoßen kann. Sehr klare und saubere Digital Sounds, herrliche Orgel, schöne Bläser, und gute Flutes dürften die Domäne des DW-8000 sein. Überhaupt finde ich die Idee, ein Delay in ein Keyboard zu integrieren, zukunftsweisend. Das spart Geräte auf der Bühne, zusätzliche Umschaltungen, und Midikeyboardern einen Track des Midi-Recorders mit den Programmwechsel-Informationen für das Midi-Delay. Der DW-8000 kostet zirka 3500,- DM. Mit ihm hat Korg nun endlich eine prächtige Alternative zu den gängigen Konkurrenten dieser Preisklasse auf den Markt gebracht. Warten wir, wer als Erster auf die Herausforderung pariert!

Text & Fotos: Richard Aicher

Veröffentlicht in Sound Check Oktober 1985