Synthesizer-Spezialisten jenseits von Zeit und Raum
Autor: Brigitte Krause für Fränkischer Tag
Originalartikel: https://www.infranken.de/lk/hassberge/synthesizer-spezialisten-jenseits-von-zeit-und-raum-art-4602135
Kurt Ader und sein Sohn Dominik (von links) gaben einen Eindruck von dem bombastischen gewaltigen Gepräge ihrer Tonwelten. Mit dem animierten Hintergrund schufen sie eine bebende unwirkliche Szenerie. Eintauchen in die Elektronik.
Bild: Kurt und Dominik Ader
Um solche Tonkünstler zu erleben, muss man normalerweise weit fahren: Synthesizer-Spezialisten ballten im Zeiler Capitol-Theater unwirkliche Tonkräfte.
Der Klang von Musikmaschinen, elektronischen Geräten, die Klänge erzeugen, war vor einem Menschenleben eine Sache für Sonderlinge. Tangerine Dream und Kraftwerk machten sie salonfähig.
Alltägliches Geschehen
Den modernen Menschen umgeben die synthetischen Klänge heute auf Schritt und Tritt. Seine Gefühlswelt ist davon geprägt. Kein mächtiger Auto-Werbespot, kein Kino-Trailer kommt noch ohne Synthesizer aus. Diese Maschinen erzeugen gewaltig dräuende Basswolken und Katastrophen-Klangbilder.
Die sind zum Beispiel die Sache von Kurt Ader aus dem Schwäbischen. Seine Sound-Büchereien verkaufen sich weltweit, viele Synthesizer sind ab Werk mit seinen Rhythmen, Tonfarben und Schlagwerken ausgestattet. Er prägt die Hörwelt einer ganzen Kino-Generation.
Mit seinem Sohn Dominik, mehr in der DJ-Welt unterwegs, folgte Kurt Ader der Einladung von Richard Aicher zum Festival in Zeil. Und hier klangen sie an, die Kino-Soundtracks dieser Zeiten, bebildert mit fantastischen Animationen.
Zu Gast bei den zwei Wochenend-Konzerten auch Jürgen Reitershan, Mitgründer und Vorsitzender des Arbeitskreises Musikelektronik. Ein Künstler, der zahlreiche Werbe-, Bühnen- und Filmmusiken (für ZDF, SWR und andere) schuf.
Oder Gert Jalass: gebürtiger Hamburger und in Berlin lebender Alt 68er. Einer, der, würde man es neumodisch ausdrücken wollen, „Vintage“-Synthesizer baut. Große alte schwarze Kästen, die ihren eigenen Flair besitzen im Vergleich zu den platzsparenden aber leistungsfähigen Eurorack-Modulen. Und Besitzer einer von Deutschlands interessantesten Hardware-Schmieden. Der Filmmusik-Papst Hans Zimmer („Interception“) kauft bei ihm sein „Spielzeug“ ein.
Sie alle gaben mit den „Weltklang“-Mitgliedern Richard Aicher und Andreas Merz (wie Aicher ein Urgestein der Münchner Synthesizer-Musik) Kostproben ihres Könnens. Im Hintergrund dazu vielfach so genannte Visuals: abstrakt-farbige, animierte Bildfolgen, die mit der Musik in eins gehen.
Meister seines Faches
Ganz ohne solche Visuals kam zu vorgerückter Stunde ein Meister des Genres aus: Thorsten Quaeschning, Komponist, Produzent und vor allem Musiker, wie man an diesem Abend feststellen konnte. Der 42-jährige musikalische Leiter des erneuerten Trios Tangerine Dream ist tatsächlich ein hochmusikalischer Geist, der mit seinen Instrumenten wunderbar umging. Natürlich auch Dance-Beats, dazu aber abstrakte Figuren, Geräusche, Töne, Rhythmen, sensibel miteinander verwoben, die seiner Musik vor dem bewahrten, was die übliche Techno- und House-Musik allzuoft kennzeichnet: Langweile. Nein Quaeschning nahm seine Zuhörer alle mit, entführte zu einem Flug auf dem elektronischen Teppich – gewebt aus diesen ewig jungen Waves…