Computer-Software-Zubehör-1986 von C-Lab, Jellinghaus, Amadeus, Hitec, SFX

Musikmessebericht: Computer, Software und Zubehör, 1986
Teil 1: C-Lab, Jellinghaus, Amadeus, Hitec, SFX
von Richard Aicher für SoundCheck, April 1986

Musikmessebericht: Computer, Software und Zubehör, 1986 – Richard Aicher für Soundcheck, April 1986
Der Trend auf der diesjährigen Musikmesse ging eindeutig in Richtung größere Computer-Systeme. Trotzdem ist der Commodore 64 noch nicht tot. Für ihn existiert immer noch die meiste Midi Software!

C-Lab
Scoretrack, eine erweiterte Version des Supertrack Midi- Recorders von C-Lab, war eine der Software-Neuigkeiten für den Commodore 64. Scoretrack verfügt über eine Notationsoption. Neben den beiden schon bekannten Notationssystemen Score Writer von Jellinghaus und dem TNS Notator zum Pro 16 Recorder von Steinberg Research, ist dies damit die dritte Notations-Software für den Commodore 64. Scoretrack übersetzt per Midi eingespielte Songs automatisch in Notation. Scoretrack beinhaltet zusätzlich alle Features des schon bekannten Supertrack. Der Event-Editor des Supertrack ist nun mit dem Score Editor kombiniert. Man sieht also die Midi-Daten auf einen Blick sowohl alphanumerisch, als auch in Form von Noten. Ein Notensystem bestehend aus maximal zwei Notenzeilen hat am Bildschirm Platz. Vier verschiedene Quantisierungsparameter

stehen zur Verfügung, um eine bestmögliche Darstellung zu erzielen. Die Noten werden in hoch auflösender Graphik dargestellt. Polyphone Sequenzerspuren werden polyphon notiert. Die Notation lässt sich ausdrucken. Scoretrack kostet zirka 590,- Mark. Der Supertrack lässt sich durch ein Update zum Scoretrack aufrüsten. Preis zirka 290,- Mark.

Amadeus
Amadeus, nennt sich das Notationssystem der Firma Kurt Maas. Hierbei handelt es sich um ein professionelles Computer- Notationssystem, das auch den extremsten Ansprüchen gerecht wird. Es erlaubt polyphones Einspielen in Realtime, auch von zwei Manualen. Die Songs lassen sich in alle Tonarten transponieren. Umfangreiche Editiermöglichkeiten erlauben schnelles Arbeiten. Der Ausdruck kann über Matrixdrucker, Plotter oder Laserfotosatz erfolgen. In die Notationsdarstellungen lassen sich problemlos Titelsatz, Beschriftungen und Lied-Texte mit einfügen. Die Software erlaubt die Darstellung komplexer Notensysteme, die Qualität des Ausdrucks steht ‚in nichts dem mit herkömmlichen Druckverfahren erstellten Partituren nach. Amadeus ist Besonders interessant für professionell arbeitende Musikverlage.

Hitec

Hitec zeigte den schon in SOUND CHECK getesteten Masterkeyboard-Controller auf EPROM-Basis für den Commodore 64. Mit dem Masterkeyboard- Controller kann man jeden x-beliebigen Synthesizer in ein Masterkeyboard mit exzellenten Features verwandeln. An Hardware benötigt man einen Commodore 64 und einen Monitor zur Programmierung. Eine Diskettenstation ist nicht unbedingt erforderlich. Der als Masterkeyboard eingesetzte Synthesizer lässt sich mit maximal sieben Split-Points versehen. Jeder Bereich kann mit separatem Midi-Channel und beliebigem Transpose versehen werden. Außerdem lässt sich für jeden Bereich getrennt bestimmen, ob Program Change-, Velocity-,After Touch- oder Modulation- Daten an den angeschlossenen Expander gesendet werden sollen oder nicht. Insgesamt finden 64 verschiedene Expanderkonfigurationen im RAM-Memory des Masterkeyboard-Controllers Platz. Sie lassen sich entweder direkt über die Programm- Switches des Masterkeyboards oder über die Funktionstasten des C 64 anwählen. Insgesamt lassen sich maximal acht Expander auf diese Weise separaten Split-Bereichen der Klaviatur zuordnen. Die Controller Box wird einfach in den Expansion Port gesteckt, eingeschaltet, und die Software ist augenblicklich im Rechner. Die Daten werden auf akkugepufferten RAMs im Inneren der Box gespeichert. Eine Diskettenstation ist nicht nötig, lediglich ein Bildschirm zur Programmierung. Einmal programmiert, können Computer und Controller irgendwo im Flightcase eingebaut werden. Sie arbeiten versteckt, die einzelnen Einstellungen lassen sich über die Programmschalter des Synthesizers abrufen.
Nicht Software im eigentlichen Sinne, aber doch ein interessantes Produkt für Midi- Recording-Spezialisten: der Hitec Midi Timecode Synchronizer. Er ist in einer 19Zoll HE integriert und verfügt über zwei Midi In, zwei Midi Outs, einen Tape In und einen Tape Out. Der Synchronizer synchronisiert Band und Midi-Sequenzer via Midi-Time-Information und ermöglicht es, das System an irgendeiner Stelle des Aufnahmevorgangs zu unterbrechen und voll synchron wieder zu starten.

Jellinghaus Musik Systeme

Nach wie vor auf EPROMs gespeichert bietet Jellinghaus Musik Systeme seine Scorewriter- Midisoftware an. Ab sofort wird das Modul jedoch nicht mehr mit dem alt bekannten 12-Track Recording Studio, sondern einem wesentlich leistungsfähigeren Nachfolger geliefert. Dieses neue Midi Recordingstudio 11 verfügt nun über 16 Tracks. Die Eingabe erfolgt entweder in Realtime über die Midi-Klaviatur oder Step by Step (Auflösung 1/ 192). Nach wie vor können die auf den Tracks gespeicherten Sequenzen unterschiedlich lang sein. Die Sequenzen lassen sich kopieren und aneinanderhängen (Append). Fehlerhafte Stellen können überspielt werden. Die Sequenz muss jedoch in diesem Fall immer komplett von der fehlerhaften Stelle bis zum Ende der Sequenz neu eingezeichnet, um Memory zu sparen. Maximal finden 9200 Midi- Events im Speicher Platz. Das Recording Studio 11 lässt sich mit externen Geräten über Midi, 24er oder 48er Clock synchronisieren.

Völlig neue Aspekte bietet CX-Mix, die JMS Fader Automation für den Atari 520 STX. Das System lässt sich nachträglich in die meisten Mischpulte einbauen. Es gibt verschiedene Ausführungen, eine zum direkten Einbau in den Mixer, mit externem Netzteil und Synchronelektronik, und eine im 19 Zoll- Gehäuse. Das System ist für 16, 24 und 32 Kanäle erhältlich und kann jeweils mit 8 Kanal-Modulen aufgerüstet werden. Der Mix wird am Monitor des Atari 520 ST+ Computers in Form einer Balkengraphik in Realtime dargestellt. Jede Faderbewegung wird automatisch registriert, gespeichert und am Bildschirm nachvollzogen. Die Mixes werden auf Diskette gespeichert und sind später jederzeit genau reproduzierbar. Preis zirka 4000 Mark (16 Channels + Mute), zirka 860 Mark (VCA Board Add On mit 8 Channels). Etwa im Juni wird ein passendes SMPTE- Board zum Preis von zirka 980 DM dazu erhältlich sein.

SFX
Interessante Softwarezusätze zum Commodore 64 gab es bei SFX. Der Sound Expander erweitert den Commodore 64 um einen FM-Synthesizer. Das Modul ähnelt dem FM-Modul des DX-5M Synthesizers von Yamaha. Das FM-Modul arbeitet acht stimmig. Die Klänge sind für Commodore 64-Verhältnisse überraschend gut. Die zugehörige Software erlaubt das Spielen des FM-Moduls über die alphanumerische Klaviatur oder eine externe Zusatzklaviatur. Weitere Features: 12 Preset-Sounds, 12 Preset- Rhythmen, Begleitautomatik. Nun wurde auch der lange angekündigte Sound-Sampler von SFX gezeigt. Er arbeitet mit dem Commodore 64 und speichert maximal 1,4 Sekunden Sound. Loop und Echo sind möglich. Die aufgenommenen Samples lassen sich am Bildschirm betrachten und editieren. Bis zu vier Sounds lassen sich gleichzeitig triggern. Eine Sequenz mit maximal 16 Steps kann aufgenommen und mit variabler Geschwindigkeit wiedergegeben werden. Die Software ist sehr bedienerfreundlich und verwendet die vom Macintosh bekannte Pull Down Menütechnik. Der Sampler ist midikompatibel. Die Sampling Rate beträgt 20 kHz.

Richard Aicher für Soundcheck, April 1986

Die momentane Entwicklung auf dem Sektor Computer und Musik schreitet mit Riesenschritten voran.

Artikel von Richard Aicher – erschienen in Computer Persönlich, Ausgabe 4 vom 5.2. 1985

Im Bereich der Homecomputer-Musik läßt sich mit den etablierten Computern sicher nicht mehr allzu viel Neues entwickeln. Für alle gängigen Systeme gibt es mittlerweile Musik-Software. So ausgerüstet lassen sich mehr oder weniger komfortable Klänge, Geräusche, Melodien und sogar ganze Kompositionen in den Computer eintippen und abspielen. Die Grenzen liegen eindeutig an der Hardware. Der SID-Chip besitzt erstaunliche Fähigkeiten, aber der C 64wurde nicht als »Musik-Maschine« entwickelt, sondern eben als »musikalischer« Computer. Theoretisch wäre es nicht sehr kompliziert, den C 64mit weiteren zusätzlichen Soundmodulen zu bestücken. So ließen sich wenigstens mehr als drei Stimmen produzieren. Doch die sind für sinnvolle musikalische Anwendungen einfach zu wenig. Dann ließen sich die diversen Klaviaturen, die mittlerweile für den Commodore entwickelt wurden, sinnvoller nutzen. Doch der Klang?
Neue Impulse im Bereich der Musik mit Sound-Chips kommen momentan aus dem Bereich der MSXComputer. Denn was passiert, wenn ein japanischer Computerhersteller, dessen Unternehmen gleichzeitig eines der erfolgreichsten der Musikindustrie ist, einen neuen Computer entwickelt? Die Vermutung bestätigt sich: Das Gerät wird ein Musik-Computer. So geschehen mit dem MSX-Computer von Yamaha.
Vor kurzem machte Yamaha mit der Entwicklung des ersten FM-Synthesizers (Klangsynthese nach dem Verfahren der Frequenz- Modulation), der DX-Serie Furore. Das Gerät wurde ein Hit. KeinWunder, der Sound und die Fähigkeiten des Synthesizer waren in dieser Preisklasse bisher nicht zu bekommen. Yamaha ging einen Schritt weiter und verkleinerte einen Synthesizer der DX-Serie, den DX-9, auf die Größe einer Zigarettenschachtel, bei gleicher Soundqualität. Das Yamaha-Klang-Modul war geboren. Natürlich paßt es in den Modulschacht des Yamaha MSX-Rechners. Und, es verwundert niemanden, auch die passende Musiksoftware hatte man parat. Der erste vollmusikertaugliche Homecomputer mit überragender Soundqualität heißt Yamaha CX 5 M. Ob sich dieses System mehr auf dem Musiksektor durchsetzen wird, für den dieser Computer von Yamaha konzipiert wurde oder bei musikinteressierten Computerfreaks, bleibt abzuwarten. Mit billigen LCD-Groß Displays wäre es sinnvoller, den Computer samt Display in das Keyboard selbst zu integrieren. Dies erspart viel Transport und verkabelungs Probleme. Jeder moderne Synthesizer ist sowieso bereits mit mehreren Prozessoren bestückt. Das MIDI-System hat sich innerhalb kürzester Zeit fest etabliert.
In London gibt es mittlerweile drei MIDI-Recordingstudios. In London hat sich jedoch kürzlich ebenfalls eine Vereinigung arbeitsloser Studiomusiker gebildet, die gegen den weiteren Einsatz von Computern in Tonstudios protestieren. „Computer machen uns arbeitslos“, meinen sie. „Computer spielen präziser, zu jederzeit und liefern den optimalen Sound gleich mit“, kontern die Studios. Stein des Anstoßes sind hier natürlich nicht musikalische Home Computer. Sondern Spitzenmusik Systeme wie Fairlight und Synclavier. Sie machen mit ausgefeilter Sampling Technik und Bedien Software nicht nur den Studiomusiker arbeitslos, sondern den Tonmeister gleich mit. Doch bei aller Achtung vor Spitzenmusik Computer, eine gespielte Geige bietet ungleich mehr Nuancen und ein guter Musiker spielt sie mit so viel mehr Ausdruck, Spontanität und Gefühl, das zumindest auf viele Jahrzehnte hinaus natürliche Instrumente nicht von Computern ersetzt werden. Aber es ist ein neuer Musikertypus hinzugewachsen: der Computermusiker. und ein neues Instrument ist gleichberechtigt neben die althergebrachten getreten und das billiger! Mit Sicherheit gibt es in nicht allzu weiter Ferne ein Gerät mit dem Potential eines heutigen Fairlights nicht für hunderttausend sondern vielleicht 7000 Mark im Musik Geschäft an der Ecke zu kaufen
Richard Aicher
Ausgabe 4 vom 6. 2. 85