AKAI AX 80 Test von Richard Aicher, 1985

AKAI AX 80 Test von Richard Aicher in SoundCheck 03/1985

Langsam wundert nichts mehr. Die Musikindustrie stellt eigene Computer her, warum sollen also nicht auch die Hi-Fi-Bosse ins Musikgeschäft einsteigen? Natürlich geht das alles nicht so schnell. Bereits zur letztjährigen Messe in Frankfurt machte Akai mit seinem Micro Studio, das auch ein Keyboard im Programm hatte, Furore. Dann pas- sierte lange nichts, bis jetzt die ersten Gerätes tatsächlich auf dem Markt erschienen. Zwar nicht alle einige hatte man inzwischen wieder eingestampft, offensichtlich wollte man in Frankfurt erst einmal die Lage testen, aber zumindest der AX-80 Synthesizer und die Recording-Unit MG 1212. Letztere ist ein 12-Kanal-Mixer mit integrierter 1/2 Zoll Cassetten-Aufnahme-Maschine und Auto-Locator, über die wir schon in der Februar-Ausgabe berichteten. Gleich vorneweg, zur Messe ’85 wird Akai voraussichtlich eine weite Sound-erzeugende Einheit vorstellen: eine MIDI-kompatible, digitale Sampling Unit in 19“ Gehäuse zum Knüllerpreis. Doch zurück zum Testgegenstand dem AX-80.

Das Display
Die Denkweise der Akai-Techni-ker in Hi-Fi Bahnen zeigt sich sofort nach dem Einschalten des Geräts. Warum sollte man mit LED-Säulen nur Mixer-Level übersichtlich darstellen können? Gedacht, getan. Sie entwickelten ein Synthi-Parame- ter-Display, das es in sich hat.
Der AX-80 ist mit einem riesigen Display ausgestattet. Jeder Parameter ist durch eine LED-Säule, dessen Höhe dem entsprechenden Wert entspricht, im Display vertreten. Das Display besteht efns 5 Gruppen. Je eine für die Darstellung der Parameter von VCO1, VCO2, VCF, LFO und VCA. Für Genauigkeits-Fanatiker, denen die Auflösung des Displays nicht genügt, wird überdies der jeweils gerade editierte Wert zusätzlich numerisch dargestellt. Ein orangefarbener, kleiner, waagerechter Balken markiert jeweils, wie ein Cursor am Computer, den gerade editierten Wert am unteren Ende der Säule. Dieses System macht das Programmieren recht übersichtlich. Man hat also endlich wieder einmmal schon vom Ansehen der Parameter her eine ungefähre Vorstellung des Sounds, so wie man das früher bei den ganzen analogen Geräten gewöhnt war.
Eine weitere dreistellige LEDAnzeige zeigt die Programmnummer des angewählten Sounds. Im Edit- Mode wechselt diese Anzeige in die Nummer des angewählten Parameters. Gut gemeint, aber sehr unpraktisch. Nach längerem Soundbasteln weiß man nämlich nicht mehr, auf welcher Programmnummer der Sound ursprünglich angelegt war. Man muß sich dann entscheiden: Entweder man vergißt der langen Arbeit Mühe wieder, oder man versucht sich stark zu erinnern, legt den Sound auf die wieder eingefallene Nummer – und hat dann entweder Glück gehabt oder einen anderen Sound überschrieben. Die Anzeige der Parameternummern in numerischer Form ist eh ein überflüssiger Gag, da der orange Balken dasselbe viel besser


Doch sollte es nicht allzu schiewerig für die Akai-Techniker sein, die numerische Parameter-Anzeige wegzulassen. Über 32 Folienschalter (wie man sie vom Chroma her kennt), die direkt unterhalb der entsprechenden LED-Säulen liegen, wählt man sowohl die Programme an, als die Parameter, die man zu ändern wünscht. Im Edit-Mode ändert man die Parameterwerte entweder über den grossen Drehregler durch Hoch-oder Runterfahren oder Step by Step durch Drücken des Up bzw. Down Switches.

DAS KEYBOARD
Der AX-80 ist mit einem 8-stimmig polyphonen, 5-Oktaven C-C Keyboard ausgerüstet. Wie üblich in dieser Preisklasse sind die Tasten aus Plastik, der Anschlag weich. Es registriert und verarbeitet die Anschlagdynamik, Filter, DCA oder auch beides zusammen kann man so durch die Stärke (Geschwindigkeit) des Anschlages beeinflussen. Der gewählte Grad der Beeinflussung (VBelocity Amount) wird mit in das Memory übernommen. Pitch- und Modulation-Wheel, beide an der linken Keyboardseite, verfügen jeweils über einen eigenen Amount-Regler. Die Pitch lässt sich im Bereich einer Oktave „benden“. Die Modulation-Waveform ist fest auf Rechteck eingestellt, läßt sich auch leider nicht ändern. Oszillator, Filter oder beides zugleich kann von ihr moduliert werden.

Die Oszillatoren
Je Stimme stehen zwei Oszillatoren zur Verfügung, insgesamt also 16. Ostzillator 1 verfügt über Sägezahl, Rechteck und eine Mischkurvenform aus den beiden. Er lässt sich in den Fusslagen 16´, 8´und 4´stimmen. Um den Sound etwas fetter zu machen, kann ein Sub-Oszillator zugeschaltet werden. Pulsweite (50% bis 100%) und Geschwindigkeit (0,1 bis 20 Hz) der Pulsweitenmodulation sind regelbar. Der zweite Oszillator lässt sich im Bereich von drei Oktaven (16´bis 2´), in Halbtonschritten und natürlich auch in Mikrointervallen, zum Beispiel für Chorus-Effekte, gegen den ersten verstimmen. Er stellt dieselben vier Kurve3nformen wie Oszillator 1 zur Verfügung. Im Gegensatz zu diesem kann er jedoch nicht pulsmoduliert werden. Dafür lässt sich seine Pitch von der DCA-Envelope modulieren. Extreme Sounds erzielt man auch durch Cross-Modulation der beiden Oszillatoren. Beide Oszillatoren verfügen über einen eigenen Volumen-Regler.

DER FILTER
Hierbei handelt es sich um einen konventionellen Low-Pass Filter mit einer Cut-Off Frequency von ca. 10Hz bis 20kHz. Um ungewünschtes Bass-Noise fernzuhalten, lässt sich ein High-Pass zuschalten. Wie gewohnt sind Cut-Off Frequency, Resonanz, Envelope Amount und das Keyboard Tracking (0 bis 15%) regelbar. Wie schon erwähnt, kann man die Filtermodulation dynamisch vom Keyboard steuern.

ENVELOPES
Die Envelopes regeln wie üblich Attack, Decay, Sustain und Release. Zusätzlich verfügen sie über eine Key Follow-Funktion. Bei einem Original-Flügel ist ja das Release in tieferen Tonlagen länger als in höheren. Mit der Follow-Funktion kann man diesen Effekt nachahmen.
Der Bereich des Envelope-Displays ist dreifach belegt. Im VCA- Mode bzw. VCF-Mode editiert und sieht man die Parameter des auf den VCA bzw. VCF einwirkenden ADSRs. Im DCA/DCF-Mode regelt die DCA- Hüllkurve den Filter parallel mit, während die Filter-Hüllkurve zur Modulation des Oszillators 2 genutzt wird. In diesem Fall sind DCA und DCA/DCF Display identisch. Jeder eingetippte Wert wird in das andere übernommen. Dies verwirrt anfangs, aber man hat den Zusammenhang bald gecheckt.

Die Low-Frequency Oszillatoren
Sehr komfortabel fiel die LFO- Sektion aus. Vier LFOs stehen insgesamt zur Verfügung für jede der beiden Oszillator-Banks, einer für den Filter und einer für das Tempo der Pulse-Modulation. Für jeden lässt sich getrennt Amount, Frequency (0,1 Hz bis 20kHz), Delay (0 bis 5 Sekunden) und die Kurvenform bestimmen. Insgesamt stehen vier Kurvenformen zur Verfügung: Rechteck, Dreieck und steigender, sowie fallender Sägezahn. Jeder LFO kann entweder Oszillator 1, Oszillator 2 oder den Filter modulieren, leider nicht den VCA. Auch lassen sich die zwei Oszillatoren nie von ein und demselben LFO aus in Phase modulieren, was wichtig für Vibratos wäre.

Memory-Organisation, Programmierung und Presets
Das Memory ist in drei Banks mit jeweils 32 Programmplätzen unterteilt. Eine Bank beherbergt die 32 Factory-Presets. Diese bieten zwar eine gute Ausgangsbasis zur Sound Programmierung, reißen jedoch nicht gerade vom Hocker. Nach einigem Arbeiten mit dem Gerät merkt man schnell, dass in den Factory-Sounds nicht annähernd die Möglichkeiten des Geräts ausgeschöpft wurden. Der Vetrieb in Deutschland entwickelt gerade neue Sounds. Die Factory- Presets sind in sieben Sound-Gruppen unterteilt: Percussive Keyboard-, Bläser-, Holzbläser-, Streicher-, Bass-, Organ- und Synthsounds. Eine ganz nützliche Idee, wenn man mal schnell ‚irgendeinen‘ Sound braucht. Die Programmierung geht dank des Super-Displays recht schnell und übersichtlich voran. Extreme Sounds lassen sich durch die guten Modulationsmöglichkeiten in Hülle und Fülle produzieren. Alle Programme lassen sich auf Cassette speichern.

MIDI
Laut Hersteller verarbeitet das Betriebssystem des AX-80 Informationen über Anschlagdynamik, Pitch- Bend, Programmwechsel, Control Change (Modulation Wheel und Sustain Switch) und MIDI-Channel. Die drei obligatorischen MIDI In-, MIDI Out- und MIDI Thru-Buchsen sind vorhanden. Der AX-80 arbeitet im Poly-Mode und kann auf allen 16 Channels senden und empfangen. In Verbindung mit einem Juno 106 gab es keine Probleme. Auch vom Yamaha CX5M Composer ließ sich der AX-80 problemlos steuern.

Sonstiges
An Spielhilfen bietet der AX-80 ein Chord Memory und eine Hold Funktion. Leider ist kein Rauschgenerator im Gerät eingebaut, was vor allem Sound-Freaks, die das Gerät wegen seiner guten Modulationsmöglichkeiten beliebäugeln werden, enttäuschen wird.
Die Buchsen liegen auf der leicht nach hinten angeschrägten, oberen Rückwand. Man erreicht sie so bequem von vorne. Neben den MIDIBuchsen (Standard 180 Grad DIN) sind noch 6 mm Klinken für Audio Out (Mono, IV), Phone (Stereo), Sustainpedal, Programmwechselpedal und die Tape-Memory-Buchsen vorhanden. Ein Memory-Protect-Schalter verhindert unabsichtliches Löschen der Programme.

Zusammenfassung
Der Preis des AX-80 liegt voraussichtlich unter DM 4.000,-. Dafür bietet er einige interessante Features, die ihn von vielen Konkurrenten abhebt (Anschlag-Dynamik, 4 LFOs, übersichtliches Display).


Richard Aicher – veröffentlicht in SoundCheck, März 1985