Drummachine TOM von Sequential Circuits

Mein Feature für das Musikmagazin SoundCheck

zum Test habe ich damals mit dem Alpha Juno 1 in Verbindung mit dem Sequenzer Supertrack auf meinem SX-64 den Song „Ein Zug – Ein Zug“ komponiert und eingespielt. Mit dabei war damals auch noch die SCI TOM Drummachine. Zu hören in „Ein Zug – Ein Zug“. Den Song haben wir auch Live auf den Weltklangkonzerten gespielt. Auch schon lange her….

hier zum anhören: https://youtu.be/Z6Vdz8eNuwU

Nach Max nun Tom. Sequential Circuits versteift sich auf Männernamen. Wo bleibert die Ladies? Klar paßt Tom besser zu einem Elektronik-Drum-Kit als zum Beispiel Priscilla. Und überdies bleibt so noch die Assoziation zu den Toms, deren Sound in den letzten Jahren neben der Snare, wichtiger und wichtiger wurde.

Das Tom Model 420, wie es genau heißt, ist also eine Drum Maschine mit digital gesampelten Sounds. Acht Stück, nämlich Bass, Snare, zwei Toms, open and closed Hi-Hat, Crash und Cymbal sind fest im internen ROM-Speicher abgelegt. Die Sounds sind alle recht gut aufgenommen, knackiger Bass, sauberes Cymbal. Leichtes Digitalgrispeln in den Höhen hört man bei genauem Hinhören jedoch schon.

Tom läßt sich sehr bequem um jeweils 7 weitere Sounds erweitern. Diese Zusatzsounds gibt es in Cartridges gespeichert. Endlich findet man dieses in der Keyboardscene schon lange und mit Erfolg eingesetzte Speichermedium auch bei einer Drum Maschine. So umgeht man die Gefahr, beim ständigen Rausziehen und Rein-drücken einzelner Soundspeicher-Chips doch einmal einem dieser schwarzen Käfer ein Bein abzureißen. Ganz zu schweigen natürlich von der vorangehenden umständlichen Aktion der Gehäuseöffnung. Zusatzsounds also auf Cartridge, jeweils 7 auf einer. Die Cartridge schiebt man einfach in den Schacht auf der Vorderseite von Tom, wählt sie durch Drücken des CartridgeWahischalters an und schon hält Tom insgesamt 15 Sounds und eine Trigger-Spur parat. Tom verfügt also zwar nur über acht interne Instrumente, kann aber bereits 16 Instrumente adressieren. Die Cartridge ist von vornherein eingeplant. Momentan gibt es eine Cartridge mit Latin-Percussion. Weitere werden folgen.

Mehr Features

So weit so gut, doch nun beginnt der Zauber. Die Features! Sie können sich wahrlich sehen lassen. Doch das ist auch nötig, angesichts der schlechten Dollarlage ist Tom ja nicht gerade billig. Zirka 2700,- DM muß man für das Teil hinblättern. Doch wie gesagt, die Features erleichtern die Entscheidung.

Zunächst einmal lassen sich sämtliche Sounds stimmen. Innerhalb eines großen Bereiches (32 Steps) und natürlich unabhängig voneinander. Die Stimmung ist in Halbtonschritten gequantelt. Es stellt also kein Problem dar, ganz melodiöse Percussion oder Tom-Roll, einzugeben. Die Stimmung der einzelnen Instrumente wird mit ins Memory übernommen und läßt sich innerhalb eines Patterns beliebig oft ändern. Genau wie das Panning der einzelnen Instrumente und deren Volumeneinstellung. Leider lassen sich die einzelnen Sounds nur entweder Links, Mitte oder Rechts auf die zwei Outputs von Tom legen, aber nicht stufenlos pannen. Die Lautstärke der Instrumente ist in acht Stufen gequantelt. Sie kann sowohl für den ganzen Track, als auch für jeden Schlag gesondert einprogrammiert werden. Schließt man ein Midikeyboard mit Anschlagsdynamik über die Midibuchse an Tom an, lassen sich die Patterns auch vom Keyboard aus eingeben, inklusive Dynamik.

Alle Sounds können sowohl vorwärts, das ist ja klar, wie auch rückwärts (!) abgespielt werden. Das gibt absolut geile Effekte. Besonders Rückwärts Crash oder Cymbals lassen sich gut einsetzen. InstrumentNummer, Tuning, Volume, Panning, Richtung (Vor/Rück) und der sogenannte ‘Improv Status‘ speichert Tom zu jedem Event, also für jeden Instrumentenanschlag gesondert ab. Das heißt für jeden Anschlag lassen sich diesbezüglich völlig neue Parameter eingeben. Natürlich ist dies im Realtime Mode nur schwer möglich. Deshalb bietet Tom daneben auch einen Step by Step Eingabe-Mode mit wählbarer Schritt-weite von 1/2 bis 1/9tel Note an. In diesem Mode kann man Steps abhören, einzelne Instrumentenanschläge einfügen und löschen. Will man irgendwo am Schluß eines Patterns eine Korrektur vornehmen, braucht man nicht extra das gesamte Pattern von Anfang an durchzusteppen. Man kann es in einer Art “fast forward“ durch-hören, kurz vor dem gewünschten Step in

den Step Mode gehen und dann langsam bis zum gesuchten Beat steppen.

Obligatorisch mittlerweile: die AutoCorrect-Funktion. Sie soll natürlich nicht zu ungenauem Spiel ermuntern, nach dem Motto, Tom wird‘s schon machen. Manchmal ist sie aber sehr hilfreich. Vor allem für Keyboarder und sonstige Nicht-Drummer, die ihre Drum-Tracks ohne Fachpersonal selbst aufnehmen wollen, spart sie einfach Zeit. Der Correct arbeitet wählbar im Bereich von 1/2 bis 1/32tel Note, jeweils gerade oder in Triolen.

Der 1/96te1 Mode zählt als nicht korngierter Mode. Man kann sich darüber streiten, ob die l/96tel Auflösung hierzu fein genug ist oder nicht. Doch hat sich 1/96tel als feinste Auflösung mittlerweile eingebürgert. Ein Metronom gibt das nötige Timing. Es läßt sich an- und abschalten. Die einstellbare Click-Rate reicht von 1/2 bis l/32te1 Beat.

Sehr interessant auch die Funktionen, Auto Repeat, Stack, Improvisation und Copy/Append. Auto Repeat erspart die mehrmalige Eingabe schnell aufeinanderfolgender Anschläge. Die Auto Repeat Rate wird durch den eingestellten AutoCorrect-Wert definiert. Drückt man in diesem Mode die Instrumententaste, spielt das zugehörige Instrument, von Tom automatisch im eingestellten Maß getriggert, bis man die Taste wieder losläßt.

Leben in das Spiel bringt die ‘Improve‘Funktion. Alle Patterns können entweder im Normal oder aber in diesem Mode eingespielt werden.Im Improve Mode eingespielten Patterns werden im Play Mode nicht ständig abgespielt, sondern nur ab und zu. Wie oft, das läßt sich bestimmen. Und zwar mit dem Improve Value. Stellt man den beispielsweise auf 20, so wird das Improve Pattern nur 20% der Gesamtsoundzeit abgespielt. Es erscheint also nicht jeden Loop, sondern nur ab und zu, in diesem Fall so ca. jeden fünften Loop.

Stack Mode

Was SCI schon bei Max, dem Keyboard-Pendant zu Tom kreierte, nun also auch für Drummer: der Stack Mode. Was heißt das? Jeder der Tom-internen Sounderzeuger kann nicht bloß einen Sound sondern vier gleichzeitig abgeben. Also vier snares gleichzeitig, zum Beispiel, alle unterschiedlich gestimmt und jedes mit anderem Panfing. Triggert man hingegen im Normal Mode das Crash mehrmals hintereinander, so wird der noch nicht ausgeklungene Sound jedesmal abgeschnitten, so als wenn ein richtiger Drummer auf das gleiche Crash schlägt. Im Stack Mode werden aufeinanderfolgende Anschläge jeweils mit einem anderen der vier Channels aufgenommen. Das ist, als würde der Real-Drummer mit vier verschiedenen Crashs arbeiten. Jedes klingt aus, kann unterschiedlich gestimmt sein. Im Stack Mode lassen sich mit jedem Instrument vier voneinander unabhängige Spuren hintereinander in jedes Pattern spielen. Nimmt man im Stack Mode dasselbe Instrument zwei-, drei- oder viermal zu exakt demselben Beat auf, ergibt dies eine Art Flanging Effekt. Je öfter das Instrument übereinandergespielt wird (maximal viermal), desto stärker ist dieser Effekt.

Oft passiert‘s, daß nachdem ein Pattern super klingt, das Einser-Feeling irgendwo liegt, aber nicht mehr am Einser der Drum-Maschine. Hier haben die SCI-Leute wieder mitgedacht Tom‘s Startpunkt läßt sich

nachträglich problemlos verschieben. Mit der ‘Reframe‘-Funktion läßt sich jeder Step eines Patterns zum neuen Startpunkt definieren. Anschließend startet das Pattern nach dem Druck auf die Start Taste automatisch an diesem neuen Punkt. Die Auto Correct-Funktion bestimmt hier wieder, mit welcher Genauigkeit der neue Start-punkt angewählt werden kann.

Mit Copy/Append lassen sich einzelne Patterns kopieren. Es empfielt sich bei komplexen Rhythmen, neue Spuren immer auf eine kopierte Version des Originals aufzunehmen. Verspielt man sich, muß man die fehlerhafte Spur nicht erst umständlich wieder herauslöschen, sondern greift wieder auf die OriginalversiOn zurück. Mit dieser Funktion kann man auch zwei Patterns aneinanderhängen, um aus zwei Einzelpatterns ein längeres zu bilden.

Für die, die lieber mit Füßen als mit Händen arbeiten, läßt sich ein Footswitch an Tom anschließen. Normalerweise startet oder stoppt man mit ihm den Aufnahmevorgang oder das Playback. Er kann jedoch auch fast alle anderen wichtigen Funktionen kontrollieren. Der FootswitchAusgang ist programmierbar.

Song Mode

Die aufgenommenen Patterns lassen sich mit den Song Functions zu einem Song verknüpfen. Songs können sowohl zyklisch als auch mit definiertem Schluß abgespielt werden. Die Songs werden aus einzelnen Song Steps aufgebaut. Diese Steps können entweder Patterns oder aber auch Kontrollinformationen bezüglich Tempo und Volumenänderungen, sogenannte Sub-Song Numbers oder Start- bzw. Endmarkierungen für Repeat Loops innerhalb des Songs sein. Step Nummer und das jeweilige Pattern oder die Funktion werden immer im

Display angezeigt. Die einzelnen Funktionen wählt man auf dem Bedienpanel an.

In jeden Song lassen sich andere Songs wieder als sogenannte Sub-Songs aufnehmen. Dies macht die Strukturierung eines Songs klarer. Außerdem genugt so eine Eingabe, nämlich die Nummer des Songs, der als Sub-Song gespielt werden soll. Man muß also nicht alle Patterns des Sub-Songs einzeln eingeben. Genauso hilfreich ist die Loop Funktion. Patterns, die mehrmals hintereinander in derselben Reihenfolge gespielt werden sollen, gibt man nicht mehrmals ein, sondern als Loop.

Tempo und Gesamtlautstärke der Songs lassen sich genau definieren, und genau wie für die Patterns existiert auch eine Song Copy/Append Funktion. Alles in allem dauert es eine gewisse Zeit, bis man mit der ungeheuren Fülle von Features zurecht kommt. Dafür sind den Möglichkeiten raffinierteste Drum-Tracks zu kreieren beinahe keine Grenzen gesetzt.

Alles etwas menschlicher macht zum Schluß der programmierbare ‘Human Factor‘. Dieser kleine Mann in der Maschine bringt die nötigen Unregelmäßigkeiten ins -Spiel, programmierbar von 00 bis 99, die alles erst so richtig hörenswert machen.

Tom kann 2300 Noten speichern. Das ist nicht gerade übermäßig viel. Im Inneren des Geräts sind jedoch drei Steckfassung für Zusatzspeicher-ChiPS. Natürlich lassen sich die Daten auf Tape speichern. Durch Einstecken des entsprechenden Typs kann der Speicherbereich von 8 kByte auf 16 kByte (5000 Noten), 24 kByte (7700 Noten) und maximal auf 32 kByte (10400 Noten) erweitert werden. Die momentan aktuelle Software-Version ist Tom 1.0. Sequential wird in Zukunft Software-UpdateS anbieten, die sicher interessante neue Features bieten. Das Gerät ist für die Zukunft gerüstet.

Synchronisation

Tom kann auf mannigfaltige Weise mit der Außenwelt in Verbindung treten. Sequencer oder andere Drum~Instrumente lassen sich über die Trigger-BuChse synchronisieren (5V/10msec Pulse). Diese Trigger-Impulse sind genau wie ein Instrument programmierbar und werden im entsprechenden Pattern mit abgespeichert.

Auch für schwierige Sync-Verhältnisse ist der Clock-Output gerüstet. Die Clock Rate ist nämlich programmierbar. Je Viertelnote lassen sich 0.5/1/1.5/2/3/4/6/8/12 und 24 Clock Impulse ausgeben. Das dürfte für alle normalerweise vorkommenden SyncProbleme ausreichen.

Tom läßt sich natürlich auch von außen synchronisieren. Auch hier ist das System sehr flexibel. Man kann zwischen MidiClock, 24, 48 und 96 Pulsen per Viertelnote wählen. Bei all diesen Sync-Möglichkeiten ist die ‘Sync to Tape‘-Funktion natürlich schon beinahe selbverständlich.

Sequential hat der Bedienungsanleitung ein gesondertes Heft, den Midi-Guide, beigefügt. Tom ist ein Midi-Maestro. Er kann auf diesem Gebiet so ziemlich alles, was überhaupt möglich ist. Hier in Kürze das Wichtigste. Tom kann in allen drei Modes (Omni on/Poly on, Omni off/Poly on, Omni off/Mono on) arbeiten. Pattern und Song-Nummer Start, Stop, ContinueDaten, Note on/off, Modulation und Pitch Wheel Charige werden übertragen. Auf diese Weise läßt sich Tom mit allen Midikeyboards und Sequenzern oder anderen Drum Maschinen verbinden. Besitzt man zwei Toms, können zwischen diesen Songoder Pattern-Daten ausgetauscht werden.

Vielfältig sind auch die Möglichkeiten, Tom von einem Midikeyboard aus zu steuern. Vom Werk ist er auf ein 5 Oktave Keyboard eingestellt. Jede Taste besitzt eine bestimmte Funktion. Im unteren Keyboardbereich, triggern die Keys die einzelnen Instrumente. Jeweils zwei nebeneinanderliegende Keys kontollieren ein Instrument. Mit vier Keys läßt sich das Panning und der Play Normal oder Revers Mode anwählen. Die obere Keyboardhälfte dient zum Tunen der Instrumente. Man kann jedoch auch über das Pitch Wheel tunen.

Bei sovielen Möglichkeiten stellt sich natürlich die Frage, wie wird das alles programmiert? Genau wie beim Keyboard Pendent, dem Multitrack hat man dieses Problem durch eine Art optischen Kreuzschienenverteiler am Panel gelöst. Jeder

Parameter steht auf einem Kreuzungspunkt der 13 Funktionszeilen mit den 3 Mode-Spalten (Pattern, Song und Control Modes). Zunächst wählt man den richtigen Funktionskreuzungspunkt über die Function Select und die 3 Spalten-Taster. LEDs kennzeichnen die angewählte Spalte und Zeile. Über die Cursor Up and Down Tasten im taschenrechneränlichen Design. Rechts verändert man nun den Wert. Programm- und Songnummer tippt man ebenfalls auf diesem PseudoTaschenrechner ein. Im Display erscheint dann ein Kürzel für die Funktion und daneben der eingestellte Parameter-Wert nach einiger Zeit hat man das System kapiert und kann damit prima umgehen.

Zusammenfassung

Tom ist eine Drum Maschine, die es wirklich in sich hat. Top Sound und einige Features, die in dieser Preisklasse neu sind, wie zum

Beispiel der Reverse Mode, Stacking und wirklich umfangreiche MidiMöglichkeiten. Es ist schade, daß ein Gerät mit diesen Möglichkeiten nicht über Instrumenten-Einzelausgängen verfügt, wenigstens stufenloses Panning wäre die Alternative gewesen. Der Preis von Tom liegt bei ca. 2700,-DM der einer Cartridge bei ca. 390.- DM

Richard Aicher