Über mich, als Electronic Musiker
Richard Aicher ist ein Urgestein der deutschen Elektronik-Musiker Szene. In der Vor-MIDI-Zeit hat er bereits Speichererweiterungen entwickelt und in Synthies gelötet, als Sounds zu speichern, noch eine Novelität war. Als die MIDI Spezifikation veröffentlich wurde, hat er mit seinem zweiten Buch, “Das MIDI Praxisbuch” das amtliche Kompendium geschrieben. Er ist aber auch als Soundtüftler mit seiner Gruppe Weltklang und den Live-Streams aus seinem Studio vielen ein Begriff.
Angefangen hat er musikalisch als Gitarrist. Seine Vorliebe für das Schichten und Überlagern von Klängen hat er durch das Spielen der Sitar entdeckt. Das sollte keinen Wundern, denn dies war in den 60er halt so. Die Beatles hatten Indien entdeckt! Meditation und sphärische Klänge passen einfach gut zusammen. Und das Flirren der Resonanzsaiten war für ihn die Brücke zu den Resonanzen aus mehreren analogen Oszillatoren. Sein erster selbstgebauter Synthesizer war ein Tünker Synthesizer. Hätte eigentlich ein Verstärker werden sollen für die Band. Aber mit etwas selbstgebautem Klänge erzeugen zu können, erschien ihm wesentlich interessanter als mit der Gitarre noch lauter zu spielen. Danach baute er noch zwei der legendären Formant-Synthesizer, „und hängte schliesslich Gitarren, Sitar und das ursprünglich geplante Dasein als Bio-Chemiker an den Nagel.“
Seiner Begeisterung für Synthesizer entsprang 1978 zusammen mit Andreas Merz die Electronic Formation WELTKLANG, die musikalisch an Tangerine Dream erinnert, aber mit deutlich rhythmischeren Strukturen. Damals war die Möglichkeit einen Klang zu speichern noch nicht existent. Man musste sich die Einstellungen am analogen Synth auf Papier notieren. Als die ersten Synthesizer mit Klangspeichern auf dem Markt kamen, war dies ein Meilenstein, der es wesentlich leichter machte Synthesizer live einzusetzen. Und Richard Aicher, als Elektronik Tüftler, entwickelte in dieser Zeit die weltweit erste Speichererweiterung für Synthesizer, baute diese in Roland Promars, Roland Jupiter 4, Korg Polysix und die Roland Drummachine TR- 808 ein, die er so für viele Musiker der Studioszene nachrüstete. Wer also heute einen dieser Klassiker gebraucht kauft, hat gute Chancen, dass dieser durch Richards Hände ging.
Wie die Jungfrau zum Kinde
Bei einem seiner Auftritte mit Weltklang im Palmenhaus vom Nymphenburger Schloss, entstand dann die Verbindung zur Redakteurin Manon Baukhage von Markt & Technik. Das Thema Musikeletronik hat damals viele fasziniert und fortan war Richard einem größeren Publikum durch seine Fachartikel wohlbekannt. Wir sprechen hier aber noch von der Vor-MIDI-Ära und neben der Speicherung der Synthesizer Sounds, bestand ein Problem darin, mehrere Synthesizer zu koppeln.
In dieser Zeit hatte Weltklang eine Tour hinter sich und spielte auf einer Vielzahl von nationalen und internationalen grossen Events. „Besonders im Kopf blieben mir dabei die Konzerte auf einem Perry Rhodan Jubiläums Festival zur Buchmesse in Frankfurt, zur Eröffnung des Gasteig Kulturtempels in München und im BMW-Museum auf einer Presseveranstaltung, zur Feier von einer Million verkaufter C64 Computer in Deutschland. Wir spielten damals mit unserem 5 Tonnen Equipment alles live, ohne Playback und doppelten Boden und entwickelten im eigenen Amazonas-Recording Studio in Dachau einen ganz eigenen Elektronik-Stil, sehr rhythmisch, zum Teil auch mit Gesang. „Viele Labels und Verlage klopften damals an, um uns an sich zu binden, aber wir wollten unsere Freiheit beibehalten. Gottseidank, sonst hätte es unsere vielen legendären Klangwanderungen (mit Getto-Blastern und Höllensounds durch die Stadt) und die WELTKLANG-Avantgarde-Zeiten nicht gegeben und meine Jahre mit Cicuit Bending (in elektronischen Instrumenten so lange rumlöten bis sie anders klingen) und Klanginstallationen an der Hochschule für Musik und an anderen Orten auch nicht“, sagt Richard. WELTKLANG wurde in den 40 Jahren des Bestehens ein fester Teil der deutschen (Avantgarde) Elektronik Musik Szene, oft auch die Urväter des Techno genannt. Offizieller Bandname war “Weltklang Live Electronic Music”, was von der Zunge rollt wie Musical Instrument Digital Interface. Ihre erste Deutschland Tour haben sie übrigens mit der Unterstützung von Dieter Doepfer durchgezogen. Er war der grosse Retter wenn bei dem grossen Equipment mal wieder was ausfiel und Weltklang bekam immer seine neuesten Entwicklungen zum Test und gab ihm den einen oder anderen Tip für Verbesserungen. Ja, das war genau DER Dieter Doepfer, der später mit dem Eurorack System und unzähligen Modulen einen eigenen Trend im Musikelektronik Markt etabliert hat und heute den Spitznamen „der deutsche Moog“ trägt.
Heute frönt Richard Aicher in seinem Studio nach wie vor seiner lebenslangen Leidenschaft, der Klangbastelei und der Live-Electronic. Sein Refugium hat er in seinem Studio-Haus aus dem 17.Jahrhundert auf zwei Räume verteilt, in einem das grosse Euro Rack und im zweiten die MIDI-Synths, beide mit jeweils 64 Audiokanälen, verteilt über vier Behringer X-32 Mixer. In zwei weiteren Räumen ist das nicht minder grosse Fotoequipment untergebracht. Fotografie ist seine zweite Leidenschaft!
Text: Michael Baumgart, ehemals Chefredakteur der Musikzeitschrift „KEYS“
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Have fun!
Richard Aicher – Live Electronic im Studio:
WELTKLANG – Moving Gasteig Philharmonie und Prinzregententheater
Weltklang (Richard Aicher & Andreas Merz) Live im Capitol-Theater in Zeil:
Richard Aicher – WELTKLANG zusammen mit Andreas Merz in der Formation WELTKLANG zur Erföffnung des Perry Rhodan Festivals auf der Frankfurter Buchmesse 1988 – Hier das Stück „EIN ZUG – EIN ZUG“:
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