Roland Alpha Juno 1

Roland Alpha Juno-1

STEUERZENTRALE ALPHA DIAL

Feature von Richard Aicher erschienen im Februar 1986 im Magazin SOUND CHECK

zum Test habe ich damals mit dem Alpha Juno 1 in Verbindung mit dem Sequenzer Supertrack auf meinem SX-64 den Song „Ein Zug – Ein Zug“ komponiert und eingespielt. Mit dabei war damals auch noch die SCI TOM Drummachine. Zu hören in Ein Zug. Den Song haben wir auch Live auf den Weltklangkonzerten gespielt. Auch schon lange her….

Modernes Design, neue Bedienungskonzepte,und das weiterhin mit altbewährten Klangerzeugungsmethoden. Das scheint sich als neues Roland-Konzept zu bestätigen. Der Alpha Juno-I geht einen Schritt weiter in diese Richtung. Der offizielle Nachfolger des Juno-106 ist im Vergleich zum älteren Bruder superklein und handlich. Wo einst viele Schieberegler und Schalter das Bild beherrschten, findet man hier Folien-Switches und ein hintergrundbeleuchtetes LCD-Display. Und ganz links eine runde Drehscheibe, das Alpha-Dial, eine Art Telefonwählscheibe des 20sten Jahrhunderts. Sie ist das Neue am ganzen und gab dem Kind den Namen. Mit ihr stellt man blitzschnell die Verbindung zu sämtlichen Parametern des Alpha Juno-I her.

Die Klaviatur umfasst vier Oktaven (C3 – C7), ist sechsstimmig spielbar, gibt jedoch keine Informationen bezüglich Anschlagsdynamik oder After Touch an das interne Klangmodul ab. Die Tasten sind normal breit, etwas schwergängiger, als bisher von Roland gewohnt. Links neben dem Keyboard befindet sich ein Pitch Wheel (Pitch Bender). Der Stick daran ist zwar gut gemeint und dient ohne Zweifel der guten Bedienbarkeit, sorgt jedoch nicht gerade für mechanische Stabilität. Wie ein Mini-Turm ragt er als einzige, etwas wackelige Erhebung in die Höhe und sieht aus, als würde er einen unvorsichtigen Schlag unter allen Umständen übel nehmen. Dieser Pitch Bender registriert nicht nur rechts/links Auslenkung (Pitch Bend Up/Down), sondern ist zusätzlich druckempfindlich. Druck nach vorne regelt die Modulationstiefe. Eine gute Idee, jedoch muss man recht feinfühlig Drücken! Über dem Pitch Bender links der etwa gleich wackelige Volumeschieberegler und rechts daneben vier mechanische Switches für die Keyboardfunktionen Portamento On/Off, Chord Memory On/Off, und Octave Transpose Up bzw. Octave Transpose Normal (eine Oktave). Der Einschaltzustand der Switches wird jeweils durch eine oberhalb befindliche LED signalisiert. Das Keyboard lässt sich im Bereich einer Oktave auch in Halbtonschritten nach oben bzw. unten transportieren. Diese Funktion wählt man mit dem Key Transpose Switch an. In der oberen, linken Ecke des Alpha Juno: das ominöse Alpha-Dial. Die runde Wählscheibe ist extrem leichtgängig. Man legt die Fingerspitze in die Mulde und dreht sie im Kreis. So wählt man Parameter an und stellt die Werte ein.

Klangerzeugung

Die Klangerzeugung ist, wie könnte es bei Roland anders sein, voll analog. Ein DCO je Stimme ist für den Sound zuständig. Er lässt sich auf die Bereiche 4′ bis 32′ schalten und. kann mit regelbarer Stärke von LFO und Envelope moduliert werden. Die Hüllkurve kann in vier verschiedenen Varianten auf den DCO moduliert werden. Außerdem lässt sich die Bend-Tiefe und der After Touch Receive programmieren. Der DCO liefert drei verschiedene Pulsschwingungsformen und fünf verschiedene Sägezahnschwingungen. Die Pulsweite des Puls Nr. 3 ist mit regelbarer Frequenz und Tiefe modulierbar. Zum DCO lässt sich ein Suboszillator schalten. Dieser stellt weitere sechs Schwingungsformen parat, die sich stark in der Zusammensetzung ihres Obertongemisches unterscheiden und so das Klangspektrum wesentlich erweitern. Sämtliche Kurvenformen sind auf dem Panel dargestellt. Ein Noise-Generator vervollständigt schließlich die Reihe der Klangerzeuger. Der Pegel, mit dem Puls, Sägezahn, Subschwingung und Noise in den VCF gelangen, ist regelbar. Es stehen jedoch leider nur jeweils drei verschiedene Level zur Verfügung. Damit lassen sich nicht gerade sehr sensible Mischungen, die für komplexe Klänge wichtig wären, realisieren. Warum man an dieser Stelle mit der Quantelung der Parameter so sparsam umging, ist rätselhaft. Sind doch beinahe alle anderen Parameter höchst lobenswert in 128 Dekremente gequantelt und damit sehr fein regulierbar. Der digital gesteuerte Filter ist ein konventioneller Tiefpass mit regelbarer Frequenz, Resonanz und Envelope. Wieder lassen sich vier verschiedene Hüllkurvenvarianten einsetzen. Des weiteren kann die Filterfrequenz über die interne Klaviatur (Tracking), den LFO, oder eine per Midi empfangene After Touch-Information beeinflusst werden. Der Grad der Beeinflussung ist in allen drei Fällen regelbar. Drei Parameter stehen zur Einstellung des VCAs zur Verfügung: Level, Envelope und Receive After Touch. Wieder stehen vier verschiedene Hüllkurvenvarianten zur Wahl. Legt man verschiedene Hüllkurvenvarianten auf Filter, VCA und DCO, lassen sich, obwohl der Alpha Juno-I lediglich einen einzigen Hüllkurvengenerator besitzt, auf diese Weise erstaunlich komplexe Klangabläufe realisieren. Die nötige Breite erhält der Sound durch den eingebauten Chorus (Rate regelbar). Endlich ist einmal die Entwicklung eines nahezu rausch freien Chorus gelungen. Und rausch frei arbeitet er selbst bei völlig offenem Volume und maximalem Choruspegel. Was das bedeutet, muss ich wohl keinem Homerecording-Spezialisten extra erklären. Der LFO verfügt leider nur über eine Dreieckschwingungsform. Die Rate ist regelbar. Im schnellsten Bereich lassen sich, sofern er auf den DCO geschaltet ist, bereits recht interessante FM-Effekte erzeugen. Ungewöhnlich für Roland: die Konstruktion des Hüllkurvengenerators. Roland weicht damit erstmals vom starren und meiner Meinung nach mittlerweile überholten, ADSR-Konzept ab. Gottseidank. Damit scheint sich die Bedeutung komplexer Hüllkurvenverläufe nun in allen Konstruktionsbüros rumgesprochen zu haben. Insgesamt stehen sieben Parameter für die Hüllkurve zur Verfügung, vier Zeitwerte: Attack, Decay 1, Decay 2 (geht in Sustain über) und Release, und drei Amplitudenlevel. Auf dem Panel ist eine graphische Darstellung der Zusammenhänge zu finden. Es erfordert etwas Zeit, bis man sich an dieses Konstruktionsprinzip gewöhnt hat und man weiß, wie sich die Parameter gegenseitig beeinflussen. Hat man die Arbeitsweise des Envelope-Generators jedoch einmal im Griff, lassen sich damit fantastische Klangabläufe realisieren.

Programmierung, Memory und Sounds

Wie schon erwähnt, dient das Alpha-Dial zur Anwahl der Parameter und Einstellung des gewünschten Wertes. Zunächst wählt man den Parameter Select Mode durch Drücken des entsprechenden Switches im Edit-Feld. Dreht man jetzt am Dial, erscheinen im LCD-Display der Reihe nach sämtliche Parameter im Display. Hat man den gewünschten erreicht, drückt man auf den Value Switch und kann nun durch Drehung des Dials die möglichen Einstellwerte abfahren

Mit der Fingerkuppe im Schnellgang oder mit dem Rad zwischen Daumen und Zeigefinger Step by Step. Vorteil: Man muss sich nichts merken und auch in keiner Tabelle nachsehen. Nachteil: a) das Dial besitzt keine Rastpunkte, man fährt leicht am gewünschten Wert vorbei, b) die Parameter Select und Value Switches hätten näher an das Rad positioniert werden sollen, etwa anstelle von Tune/Function und Midi. Das hätte eine bequemere Einhandbedienung (Dial mit kleinem Finger, Switches mit Daumen) ermöglicht.

Ein Plus: Der ursprüngliche Wert wird im Display ständig angezeigt, der aktuell angewählte, neue Wert erscheint rechts daneben. Auch eine gute Idee, sehr hilfreich, um jederzeit wieder in den Originalsound zurückzukommen.

Nichts desto trotz ist dieses neue Einstellverfahren recht anschaulich und bequem. Ein weiteres, großes Lob verdient das hintergrundbeleuchtete LCD-Display. Erstens erinnert es mit seiner türkis wässrigen Farbe sofort nach dem Einschalten an Meer, Sonne, Urlaub und Karibik, zweitens ist es einfach nervig, ein unbeleuchtetes LCD Display bei schlechten Lichtverhältnissen ablesen zu müssen. Und wenn das Keyboard im Lichtschatten des oberen Synthies im Ständer hängt, nutzt die beste Raumbeleuchtung nichts. Das Display ist nicht zu entziffern. Das kann beim beleuchteten Display des Alpha Junos nicht passieren. Ist der Sound o.k., tippt man den Name Switch und kann dann 10 Zeichen (Groß und Kleinbuchstaben oder Ziffern 0 mit 9) als Kennkürzel für den Sound eingeben. Zum Abspeichern drückt man auf den Write Switch und tippt, so lange er gedrückt ist, die gewünschte Bank und Programmnummer ein, auf die der Sound gelegt werden soll. Fertig.

Der Alpha Juno-I besitzt zwei Speicher- Groups: 64 Festpresets (Preset) und 64 selbstprogrammierbare Speicherplätze für eigene Klangkreationen (Memory). Die Group wählt man mit den beiden Group Switches „Preset“ und „Memory“ an. Zur Anwahl des Soundprogramms dienen dann die 8 Bank Switches der oberen Reihe und die Number Switches eine Reihe tiefer. Jede Memory Group ist also in 8 Banks mit jeweils 8 Sounds gegliedert. Die Number Switches 1 mit 5 dienen zusätzlich zur Sound- Datenübertragung (Dump I Load) zwischen zwei Alpha Junos per Midi und zur Bedienung des Tape Memory (Save / Verify / Load).

Die 64 Presets sind bankweise nach Brass, String, Piano, Organ, Synth, Lead, Diverse und Effects sortiert und stellen eine gute Ausgangsbasis für eigene Kreationen dar. Werksmäßig sind auch die 64 freien Memory-Plätze bereits gefüllt mit Variationen der Preset Sounds und einigen weiteren, witzigen Effekten. Die Sounds sind alle typisch analog. Gute Streicher, Pianos, Organs, eben typisch Roland.

Neben den beiden Sound Memory Groups besitzt der Alpha Juno noch eine Speicherbank für die sogenannten Function-Parameter. Diese Parameter beeinflussen alle Sounds der beiden Memory Groups in gleichem Maße. Hierzu zählen Mastertuning (429-455 Hz), Modulation Sensitivity, Portamento Sensitivity (Preset Bend) Bereich (+ I – 24 Halbtonschritte) und die gewählten Einstellungen für das Schweller-Pedal (Foot Control: Volume/ After Touch/Dynamics) und den Fußschalter (Pedal Switch: Portamento/P Shiftl CRD M). Die Function-Parameter wählt man über den Tune/Function Switch an. Bei jedem Druck wird um einen Parameter weitergeschaltet. Die Werte werden wie gewöhnlich mit dem Alpha-Dial eingestellt. Durch Druck auf die Write-Taste können die Function-Parameter nicht flüchtig im Function-Memory abgelegt werden.

Im Play Mode sind die vier Tone Modify Switches sehr nützlich. Hiermit kann man den aktuellen Sound während des Spielens in den wichtigsten Parametern korrigieren: Modulation Rate, Modulation Depth, Brilliance und Envelope Time (Dehnung bzw. Stauchung der Hüllkurve). Beim Wechsel in ein anderes Preset werden diese aktuellen Veränderungen wieder gelöscht.

Midi

Wie schon erwähnt, entfaltet sich der Alpha Juno-1 so richtig als Midi-Slave an einem anschlagsdynamischen Keyboard mit After Touch, oder gesteuert von einem Sequenzer bzw. Computer/Midi-Recording- System, das mit solchen eingespielt wurde. Die Kanäle 1-16 stehen als Receive Channels zur Verfügung. Sie sind gleichzeitig Send Channels. Der Alpha Juno arbeitet im Poly Mode. Omni lässt sich zu- oder abschalten.

Nutzt man den Alpha Juno als Expander, benötigt man normalerweise die interne. Klaviatur nicht. Es ist sinnvoll, diese elektronisch vom Klangmodul . abzukoppeln. Dazu dient die Midi Function Local Off. Mit ihr lassen sich Rückkoppelungen von Midi-Toninformationen vermeiden, die in Verbindung mit Midi-Merge-fähigen Recordingsystemen auftreten, wenn Receive- und Send Channel des Masterkeyboards nicht voneinander unabhängig einstellbar sind

Die Übertragung der folgenden Midi- Informationen kann wahlweise erlaubt oder verboten werden: After Touch, Bender, Exclusive, Hold, Modulation, Programm Change und Volume. Selbstverständlich kann er aber auf keinen Fall After Touch oder Velocity Informationen senden.

In und Outs

Alle In- und Outputs sind auf der Rückseite des Alpha Junos angebracht: drei Midi-Normbuchsen In, Out und Thru, drei 6,3 mm Klinken-Outs, Mono I Right und Left, Phones, drei 6,3 mm Klinkenbuchsen für Pedal Hold, Foot Switch und Foot Control, zwei Miniklinken für Tape Load und Save und ein Memory Protect-Schiebeschalter.

Zusammenfassung

Mit dem Alpha Juno-1 bietet Roland ein Analog-Keyboard in sehr günstiger Preis I Leistungsrelation, das vor allem als Slave-Keyboard in Midi-Systemen höchst interessant ist. Der Sound ist typisch Roland, im Vergleich zum JX-8P meines Erachtens geringfügig schmalbandiger. Das hintergrundbeleuchtete Display ist beispielhaft und auch unter schwierigen Lichtbedingungen hervorragend lesbar. Auch der vierstufige Hüllkurvengenerator stellt eine deutliche Verbesserung des bisher von Roland eingesetzten ADSR-Konzepts dar. Die mechanische Stabilität des Gerätes bleibt, vielleicht zugunsten des niedrigen Preises, etwas hinter der gewohnten Roland-Mechanik zurück (Pitch Bender, Volume Poti, oberer Gehäusemantel). Die Klaviatur des Juno-106 oder JX-8Ps würde ich persönlich vom Spielgefühl der- des Alpha Juno vorziehen. Doch das Spielgefühl ist irgendwo auch Geschmacks sache. Die Programmierung per Alpha-Dial ist eine erfrischende Variante auf der langen und allgemeinen Suche nach Methoden, Digital-Keyboards wieder so unproblematisch bedienbar zu machen, wie das ihre analogen Vorfahren einst einmal waren. Ein Vorteil für Vielreisende und Heimkeyboarder: Der Alpha. Juno ist mit etwa 11 Pfund ein absolutes Leichtgewicht und dank der relativ winzigen Abmessungen von zirka 80 x 24 x 8 cm leicht zu transportieren und verstauen. Und das trotz „normaler“ Tasten! Der Alpha Juno-1 kostet nur ca. DM 1700,-.

Richard Aicher

erschienen im Februar 1986 im Magazin SOUND CHECK